Wie Wurzeln Pflanzen im Boden verankern, so gründen Gedanken in einem vor- bzw. unbewussten System als deren Netzwerk. Ein Gedanke ist erst dann und nur dann verwurzelt, wenn er seinen Inhalt durch charakteristische Merkmale definiert, in einem sowohl ideellen als auch kausalen Zusammenhang steht, eine Verwirklichung nach dem ökonomischen Prinzip gewährleistet, eine eindeutige Vernetzung mit anderen Gedanken ausweist und als praktische Antizipation gilt.
Zudem muss ein verwurzelter Gedanke unvoreingenommen und vor allem intuitiv generiert werden. Beeinflussung durch Gebrauchtreflexionen mittels Zitaten sollte möglichst vermieden werden.
Alle Lebewesen sind vernunftbegabt. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das mit Hilfe seiner Vernunft den eigenen Lebensraum zerstört. Vernunft ist die körperliche, seelische und geistige Kraft, existentiell zu gestalten.
Es ist ungewöhnlich, sich auf die eigenen Wurzeln zu besinnen und zu erforschen, was sich einem intuitiv offenbart. Die Frage stellt sich natürlicherweise, was sich dem Bewusstwerden als Denken offenbart. Wird auf das geschaut, was sich dem Bewusstsein zunächst zeigt, dann sind das ´Bilder im Kopf´.
Diese Bilder beinhalten vorwiegend Erinnerungen, die einem gerade einfallen. Darüber hinaus erscheinen geplante Vorhaben, die jemanden beschäftigen. Zusammengefasst handelt es sich beim Bewusstwerden um ein Bildergeschehen. Dieses Geschehen lässt sich bewusst beeinflussen. Man kann diese Aktivität „Denken“ nennen, um dann zu beobachten, welche Modi unterschieden werden können. Bei allem, das sich aus solchen Beobachtungen ergibt, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Ergebnisse möglichst auf breite Zustimmung treffen.
Alle Erfahrungen sprechen dafür, „Denken“ als Inszenieren oder Modifizieren inneren Bildergeschehens zu begreifen. Unsere 1. Feststellung hält folglich „Denken“ als Definition fest.
§ 1 Denken inszeniert oder modifiziert inneres Bildergeschehen.
Diese für Jedermann nachvollziehbare Definition beinhaltet die Aufgabe, zu beschreiben, wie das gehandhabt werden soll, um verlässliche Einsichten erreichen zu können.
Die Definition des Denkens gilt als einsichtig, weil sie sich für alle als nachvollziehbar erweist. Aber reicht das Kriterium der Nachvollziehbarkeit aus, um etwas „einsichtig“ zu nennen? Das folgende Beispiel zeigt, dass Nachvollziehbarkeit nicht ausreicht, um etwas einsichtig nennen zu können.
Jemand verlässt an einem schönen Sommertag früh morgens das Haus und stellt fest, dass die Straße nass ist. Seine Erfahrung erklärt ihm, dass es wohl geregnet hat. Aber der unbewölkte, blaue Morgenhimmel scheint diese Vermutung zu widerlegen. Also sieht er sich um und stellt fest, dass die Pflanzen keinerlei Regentropfen aufweisen. Schließlich entdeckt er in der Ferne noch den Wasserspritzwagen, der die Straße mit Wasser besprengt. Die Einsicht, dass es geregnet hat, stellt sich also im Nachhinein als unzutreffend heraus.
Wie lange muss also beobachtet werden, um sich seiner Einsicht sicher sein zu können? Es zeigt sich aber nunmehr, dass das Kriterium der Nachvollziehbarkeit keineswegs ausreicht. Infolgedessen drängt sich die Forderung nach Sicherheit aufgrund von Beweisen auf. „Nachvollziehbarkeit“ reicht offensichtlich nicht aus. Im Fall der regennassen Straße kann der Beweis durch einen sinnlich überprüfbaren Beleg erbracht werden kann, nämlich durch das Sichten des Wassersprengwagens. Festzuhalten gilt, dass von Einsicht dann gesprochen werden kann, wenn das, was behauptet wird, auch sicher bzw. überprüfbar zu belegen ist.
§ 2 Einsicht muss praktisch bzw. empirisch bewiesen werden können.
Die Auseinandersetzung mit dem Denken offenbart, dass die diesem geistigen Vorgang zugrundliegenden Werte und Normen, Regeln und Gesetze Schritt für Schritt erarbeitet werden müssen. Aber vermag dies jemand aus eigener Kraft zu bewältigen?
Mögliche Ursache einer katastrophalen Selbstzerstörung ist hoch wahrscheinlich die beschriebene Selbstentfremdung.
wfschmid - 24. Januar, 05:19