5
Feb
2014

Du sollst den Verstand durch Deine Seele ernähren und nicht umgekehrt.

„Offenbarungen des Unbewussten kräftigen den Geist, damit er sich auf seine eigene Kraft besinnt und sich nicht hochmütig seelische Bedürfnisse zueigen macht.

Wer ‚inneres Licht‘ und ‚Einsicht‘ nicht zu unterscheiden vermag, erfährt weder Glauben noch Wissen. Diese Wahrheit zu leugnen zeugt von Hilflosigkeit in künstlerischen oder wissenschaftlichen Angelegenheiten.

Allein das Genie oder der Weise vermag Wissenschaft unter der Optik der Kunst zu sehen, Kunst aber unter der Optik des Lebens. Unbewusstes offenbart sich deshalb sprachlich, weil es der inneren Stimme bedarf, um sich offenbaren zu können.

Offenbaren des Unbewussten zeugt von Spielen oder geistiger Kraft der Natur, die jedem Lebewesen zueigen sind. Allein Erziehung vermag den Geist in Vernunft und Verstand zu spalten, um schizoide Lebewesen hervorzubringen."

4
Feb
2014

Du sollst das innere Licht bewahren.

„‚Inneres Licht‘ ist der Vorschein von Wahrheit. Das innere Licht ist der Einsicht gleich, welche das Dunkel des Suchens durch Entdeckung lichtet.

Im Gegensatz zur Einsicht gelangt ‚inneres Licht‘ nicht durch Denken, sondern durch Fühlen zum Vorschein. ‚Inneres Licht‘ ist eine Gabe des Glaubens. Einsicht ist eine Gabe des Wissens. ‚Innerem Licht‘ und Einsicht gemeinsam sind Zuwendungen des Unbewussten.

Geschenke dieses Vorscheins lassen sich nicht erzwingen, sondern sind vor allem Gaben von Begabungen und weniger Erfolge von Intelligenz. Gefühlte Eingebungen erscheinen vorwiegend in poetischen Bildern oder musikalischen Themen, verstandesmäßige Eingebungen erscheinen dagegen eher als theoretische Ideen oder Modelle.

Probleme ergeben sich nicht selten aus dem Widerstreit zwischen Intelligenz des Verstandes und Begabung limbisch orientierter Vernunft. Vernunft malt in Bildern, Verstand zeichnet in Sprache. Nicht selten versucht der Verstand, sich der Bilder der Vernunft zu bemächtigen. Nicht selten endet ein solcher Streit in Aporien von Zweifeln.

Es ist eine Frage der Bescheidenheit, sein eigenes Zuhause zu bewahren und nicht auszubrechen versuchen.“

3
Feb
2014

Du sollst auf Deine innere Stimme hören

„Deine innere Stimme empfiehlt Dir. Sie befiehlt niemals. Die innere Stimme bietet das an, was Bedürfnisse oder Gefühle nicht zur Sprache bringen können. Manche nennen die innere Stimme ihren inneren Ratgeber, Lehrer oder Richter, und einige von ihnen scheuen nicht davor zurück, mit dem inneren Zuspruch sogar Geschäfte zu machen. Sie gaukeln anderen vor, dass man bestimmte Übungen braucht, um den inneren Zuspruch erfahren zu können.

Das Geheimnis aber ist, dass nur schöpferische Kräfte die innere Stimme stark genug werden lassen, um sich Gehör verschaffen zu können. Faule Menschen haben ihre innere Stimme an ihre Bequemlichkeit verloren.“

2
Feb
2014

Du sollst die Gleichwertigkeit aller Lebewesen bejahen

„Der Mensch erhebt sich über alle anderen Lebewesen, indem er sich das Vermögen zu denken zuspricht, ohne genau zu wissen, was er sich da eigentlich zuschreibt. Aufgrund dieser Selbst-Bestimmung erhebt sich das Lebewesen Mensch nicht nur über alle anderen Lebewesen, sondern er spricht sich zugleich die Macht zu, über deren Leben und Tod zu entscheiden.

Diese Überheblichkeit gleicht einem Virus, der im Hirn des Menschen die Fähigkeit auslöscht, die Sprache der Tiere zu verstehen.

Sage mir, wie Du mit Tieren umgehst, und ich sage Dir, was Du als Lebewesen taugst."

1
Feb
2014

Tipp

...


Offenbarungen des Unbewussten
 

31
Jan
2014

Die Kunst zu glauben

Kunst erscheint als Vermögen, Empfindungen oder Glauben zu wecken. Es sind künstlerisch inszenierte Bilder, die jenes Bild-Erleben inszenieren, welche Glauben schaffen. Das setzt voraus, dass das sprachlich, bildnerisch oder musikalisch ins Werk Gesetzte subjektiv anzieht. Um betrachtet zu werden, müssen künstlerische Werke den Geschmack treffen.

Kunst fasziniert um so mehr, je eher sie den eigenen Geschmack trifft oder - in wenigen Fällen - diesem ganz entschieden widerspricht. Gewöhnlich entsprechen Kunstwerke Erwartungen oder Träumen. Die Kunst, gut zu reden, ist, Glauben zu wecken (Aristoteles). Für Visionen gilt Vergleichbares. Visionen wecken Glauben, indem sie beeindrucken.

Visionäre Begabung geht mit künstlerischer Begabung einher. Bedürfnisorientierte Fantasien inszenieren visionäres Bilder-Leben ebenso wie Tag- oder Nachtträume.

30
Jan
2014

Der brennende Dornbusch

Die vielleicht bekannteste und zugleich früheste überlieferte Vision ist die des Moses (8. Jh. v. Chr.). Es ist die Vision vom brennenden Dornbusch. Es wird in der Bibel erzählt, dass Moses viele Jahre die Herden seines Schwiegervaters Jitro hütete.
Eines Tages weideten die Schafe und Ziegen auf den saftigen Weiden an den Hängen des Berges Sinai. Moses blickte in die Ferne, und er traute seinen Augen nicht.
Er erblickte einen brennenden Busch, der nicht verbrannte. Neugierig näherte sich Moses.
 
Da hörte er plötzlich eine Stimme. Sie kam aus dem brennenden Busch und sagte: "Zieh deine Schuhe aus, Mose! Du stehst auf heiligem Boden."
Moses spürte intuitiv, dass es Gott war, der zu ihm sprach.
Er gehorchte, und Gott sagte: "Ich bin, der ich bin.
Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Ich habe die Klagen und Bitten meines Volkes gehört, das in Ägypten in der Sklaverei lebt. Und ich werde es retten. Du Mose, sollst es aus Ägypten in ein Land führen, das ich den Nachkommen Abrahams versprochen habe. In diesem Land werden Milch und Honig fließen. Und dich Moses, sende ich nun zum Pharao."

Dieser Auftrag ist für einen Hirten in der Wüste nicht gerade naheliegend. Offenbar ist allen Visionen gemeinsam, dass sie Menschen überraschen, die über die Kraft verfügen, ihnen zu entsprechen.
Moses macht erst gar nicht den Versuch, sich als Hirte darzustellen, der dazu nicht in der Lage ist, weil er ja nichts gelernt und aus sich gemacht habe und nur ein dummer Hirte geblieben ist.

Anders als bei Hildegard von Bingen wird Moses’ Vision nicht durch innere Prozesse vorbereitet und auch nicht theologisch, sondern religiös gedeutet. Die Vision überrascht. Wahrnehmungsreize bzw. Überreizungen könnten sie ausgelöst haben.

Beide Visionen zeichnen sich als Kraftgeber aus und ermöglichen dadurch außergewöhnliches mutiges Verhalten. Unbefriedigend bleibt in beiden Fällen, dass sie als Ereignisse des Glaubens analytischem Denken verschlossen bleiben.

29
Jan
2014

Von der geistlichen Einsicht

Diesen Titel gibt Hildegard von Bingen der Beschreibung ihrer ersten Vision.

„Ich sah einen großen, eisenfarbenen Berg: auf ihm saß ein Menschenbild von solchem Glanze, dass seine Helligkeit mein Auge blendete. Von seinen beiden Seiten erhob sich ein sanfter Schatten, der sich wie ein wundersamer breiter und langer Flügel ausdehnte. Am Fuße dieses Berges stand vor dem Manne eine Gestalt, die überall voller Augen war; wegen der Menge der Augen konnte ich nicht unterscheiden, ob sie eine menschliche Gestalt war. Vor dieser stand eine andere Gestalt im knabenhaften Alter mit mattfarbenen Gewand und weißen Schuhen. Über deren Haupt stieg von dem Manne, der auf jenem Berge saß, eine solche Helle hernieder, dass ich sein Antlitz nicht sehen konnte. Von demselben, der auf dem Berge saß, gingen viele lebendige Funken aus, welche beide Gestalten mit großer Anmut umflogen. In dem Berge selbst sah man zahlreiche Fenster, in denen bleiche und weiße Menschenköpfe erschienen. Der Mann auf dem Berge rief mit gewaltiger und durchdringender Stimme;

„o du gebrechlicher Mensch, Staub vom Erdenstaube, Asche von der Asche, rufe und verkünde vom Eintritt der makellosen Erlösung, damit jene unterwiesen werden, die das Mark der Schriften sehen,sie aber doch nicht verkündigen und predigen wollen, weil sie lau und stumpf sind im Kampf um Gottes Gerechtigkeit! Öffne ihnen das Siegel der Geheimnisse, das sie auf verborgenem Acker furchtsam und fruchtlos vergraben! Breite dich wie ein übervoller Quell aus und ströme so oft in mystischer Lehre aus, dass jene von deiner Ausgießung und Bewässerung erschüttert werden, welche dich wegen Evas Fall verächtlich halten wollen! Denn du nimmst die Erhabenheit dieser Lehre nicht von einem Menschen an, sondern vom höchsten und furchtgebietenden Richter aus der Höhe, wo in hellstem Licht auch ein Licht unter den Leuchtenden stark erstrahlt. Erhebe dich also, rufe und verkünde, was dir in der alleestärksten Kraft göttlicher Hilfe geoffenbart wird! Denn der, welcher allen seinen Geschöpfen machtvoll und gütig gebietet. durchgießt die, die ihn fürchten und ihm in anmutiger Liebe im Geiste der Demut dienen, mit der Klarheit übernatürlicher Erleuchtung und führt die auf dem Wege der Gerechtigkeit Ausharrenden zu den Freuden der ewigen Schau.“

Hildegard von Bingen erklärt diese Vision sehr genau und deutet sie zugleich theologisch. „Der große eisenfarbene Berg versinnbildlicht die Kraft und Stetigkeit des ewigen Gottesreiches, das durch keinen Ansturm der Veränderlichkeit ein Ende finden kann. Der Mann, der auf dem Berge sitzt, blendet dein Auge mit seinem Glanze und zeigt den im Reiche der Seligen, der im Glanze einer sich gleichbleibenden Heiterkeit dem ganzen Erdkreise mit seiner höchsten Gottheit gebietet und menschlichem Geiste unfassbar ist. Von seinen beiden Seiten breitet sich ein Flügel von wunderbarer Breite und Länge aus. Sie zeigen in Ermahnung und in Züchtigung milden und linden Schutz recht und fromm, die unaussprechliche Gerechtigkeit, Beharrlichkeit und Billigkeit.

Vor ihm steht am Fuße des Berges eine Gestalt, die allüberall voller Augen ist, weil sie vor Gott in Demut in das Gottesreich Einblick hat, und aus Furcht vor ihm mit Genauigkeit und gerechtem Eifer und Ausdauer auf die Menschen wirkt, so dass man vor Augen keine menschliche Gestalt unterscheiden kann. Sie vergisst nie die Gerechtigkeit Gottes, weil menschliches Forschen in seiner Schwäche ihre Wachsamkeit nicht erschüttert.

Vor dieser Gestalt zeigt sich eine andere, knabenhafte, bekleidet mit mattfarbenem Gewande und weißen Schuhen, weil unter Vorantritt der Furcht des Herrn die Armen im Geiste folgen. Die Furcht Gottes hält nämlich in hingebender Demut die Glückseligkeit der Armut im Geiste kraftvoll fest, welche weder nach Rühmen noch Selbstüberhebung gelüstet, sondern Einfalt und Nüchternheit liebt. Nicht sich, sondern Gott allein gibt sie die Ehre für ihre gerechten Werke und folgt den Spuren des Gottessohnes getreulich nach. Auf ihr Haupt steigt eine solche Klarheit von dem auf dem Berge hernieder, dass du auch ihr Angesicht nicht schauen kannst, denn die Heiterkeit der Heimsuchung dessen, welcher jedem Geschöpf preiswürdig gebietet, gießt ihr ein solches Maß von Macht und Stärke ein, dass ein schwacher Sterblicher sie nicht zu fassen vermag. Er, der allen himmlischen Reichtum in sich trägt, unterwirft sich in Demut der Armut….“

Dieser exemplarische Auszug der ersten Vision zeigt, dass Hildegard von Bingen Erscheinungen gleichsam zweifach schaut, nämlich sowohl ästhetisch als auch logisch. Sie betrachtet das Bild und deutet gleichzeitig, wie sie dieses Bilder-Leben erlebt. Diese Gleichzeitigkeit von Bilder-Leben und Bild-Erleben macht ihre Vision aus.

Gefühl bzw. Intuition und Verstand befinden sich vor einem religiösen Hintergrund in einem harmonischen Gleichgewicht. Das ist der zureichende Grund, warum Hildegard von Bingen von „geistlicher“ und nicht von „geistiger Einsicht“ spricht.

Tiefes religiöses Empfinden angesichts von Schilderungen heiliger Schriften, das sich Versenken in Offenbarungen und fantasievoll gedeutetes Bilder-Leben und meditatives Bild-Erleben, inszenieren Bewusstwerden als eigene stigmatisierende Wirklichkeit. In Visionen befriedigt die Seele ihre tiefsten Sehnsüchte, oft durch ein streng asketisches Leben und autosuggestiven Gebeten getragene Hoffnungen unterstützt.

Der hohe subjektiv empfundene Wahrheitsgehalt von Visionen drängt schließlich den Verstand, dieses auch zu offenbaren. Solche faszinierenden Bekenntnisse enthüllen wiederum starke Bilder in anderen, die dadurch von intensivem Bild-Erleben beeindruckt werden. Visionen brauchen starke Hoffnungen, die sie erfüllen, um geglaubt zu werden. Stark vereinfacht; Wer Gott lange intensivst sucht, wird ihn auch finden. „Und ich sage euch: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ (Lukas 11,9)

28
Jan
2014

Visionäre Begabung

In ihrer frühen Kindheit verfügen alle vernunftbegabte Lebewesen über visionäre Begabungen. Der naive Geist ist noch von aller Erziehung ungestört offen für das, was ihm seine Fantasie offenbart.

Was für Erwachsene wie Spielen aussieht, vollzieht sich in Wahrheit als fantasievolles Probehandeln des Geistes. Die Fantasie inszeniert für ihn jene Bilder, welche den gerade gegenwärtigen Stimmungen und Bedürfnissen entsprechen. Die Bilder sollen dem kleinen Lebewesen durch fantasievolles Übernehmen von Rollen helfen, seine Bedürfnisse zu befriedigen.

Ein wilder Indianer, der mit Pfeil und Bogen durch den Dschungel streift, befreit sich aus seiner Gefahr, indem er seine Angreifer tötet. Die Fantasie bietet dem jungen Wesen eine unmittelbare fiktive, scheinbare Auflösung seiner miesen Situation an. Durch die Flucht in eine fantastische Vorstellung weicht das Kind seinem Problem aus.

Vor die Realität wird gleichsam eine verfremdende Kulisse geschoben, die das Geschehen umdeutet und umgestaltet. Die Realität wird verdrängt und findet gleichsam gar nicht statt. Das kleine Wesen nimmt die Quälerei durch Bezugspersonen nicht zur Kenntnis.

Dieses exemplarische Beispiel für die Kraft einer fantastischen Fiktion lässt zugleich die Fantasietätigkeit als Veranlagung zur visionären Kraft hervorscheinen.

Im Gegensatz zur fantastischen Vorstellung handelt es sich bei der Vision um ein Innenbild, das Wirklichkeit nicht umgestaltet, sondern Wirklichkeit religiös oder künstlerisch deutet. Die Entwicklung der Vision lässt sich mit der Entwicklung einer Fantasie nur bedingt vergleichen.

Während die Tätigkeit der Fantasie neben vorhandenen Bedürfnissen vor allem von Erfahrungen initiiert wird, bilden sich Visionen allein durch Antriebe, Bedürfnisse und schöpferisch gestalterische Begabungen.

Fantasien wie Visionen erfahren ihre Kraft durch starken Glauben. Schon mit fünfzehn Jahren wird Hildegard von Bingen bewusst, dass sie ihre seherischen Fähigkeiten einer besonderen Begabung verdankt. Das junge Mädchen stellt fest, dass sie Dinge sieht, die anderen Kindern verborgen bleiben. Verständlicherweise behält das Mädchen dieses Geheimnis für sich. Das Bewusstwerden geht einher mit ihren ersten klösterlichen Erfahrungen des hoch sensiblen und leicht kränklichen Mädchens, hoch wahrscheinlich durch frühes meditatives und asketisches Leben unterstützt.

Währen die ersten Visionen der Jugendlichen folgenlos bleiben, stellen sie sich der etwa vierzigjährigen Hildegard schließlich als Auftrag Gottes dar. Die innere Stimme trägt ihr auf, ihre Visionen aufzuschreiben, um sie anderen erlebnisgetreu beschreiben zu können.

Zweifel an der Wahrheit der Visionen als Eingebungen Gottes quälen die junge Frau und lassen sie zögern, dem göttlichen Auftrag nachzukommen. Was, wenn es sich nicht um göttliche Eingebungen, sondern um teuflische Einflössungen handelt?

Hildegard von Bingen entscheidet sich schließlich mutig, ihre Aufzeichnungen von namhaften einflussreichen Theologen prüfen zu lassen. Aufgrund der Befürwortung durch Bernhard von Clairveaux gibt Papst Eugen III während der Synode in Trier 1147 Hildegard von Bingen die Erlaubnis, ihre Visionen zu veröffentlichen.

27
Jan
2014

Weisheit statt Wissen?

„Ich weiß, dass ich nichts weiß!“ ist der wegweisende Erfahrungssatz des Sokrates. Der Philosoph glaubt aufgrund lebenslanger philosophischer Erfahrungen, dass alles Wissen letztlich nicht dazu beiträgt, wonach er strebt.

Man muss sehr viel wissen, um zu wissen, wie wenig man weiß. Je mehr Wissen angeeignet wird, um so eher werden auch die Grenzen dessen erreicht, was gewusst werden kann.

Glauben verhält sich diametral entgegengesetzt zu Wissen. Je mehr geglaubt wird, desto intensiver wird das erfahren, was sich durch Glauben offenbart.

Im Gegensatz zu Wissen, das sich durch Zuwachs dem Glauben nähert, entfernt sich Glauben durch zunehmende Intensität von Wissen.

Und dann geschieht etwas höchst Geheimnisvolles. In einer ihm größtmöglichen Entfernung vom Wissen schaut das vernunftbegabte Lebewesen durch Glauben das, was sich ihm durch Wissen verschließt.

In einer Vision schaut das vernunftbegabte Lebewesen das Wesen der Natur. In seinem Höhlengleichnis beschreibt Platon den Weg des Menschen zu jener visionären Weisheit, den Martin Heidegger gut zwei Jahrtausende später als „Lichtung“ begreift.

Im Gegensatz zu Platon aber, bedarf für Heidegger das vernunftbegabte Lebewesen keines Lehrers, der ihm diesen Weg weist, sondern vielmehr handelt es sich bei dieser visionären Begabung um eine höchst seltene Pflanze.

26
Jan
2014

Verstehen der Vernunft

Vernunft denkt in Bildern. Verstand denkt in Begriffen. Vernunft versteht subjektiv, Verstand versteht intersubjektiv oder objektiv. Das Verstehen der Vernunft beruht auf Glauben, und das Verstehen des Verstandes beruht auf (tradiertem) Wissen.

Vernunft schafft Kunst, Verstand bringt Wissenschaft hervor.
Als Weg systematischen Vorgehens ist Logik Kunst und Wissenschaft gemeinsam. Logik der Kunst oder Schaffensperiode führt zu einem Werkzyklus. Logik der Wissenschaft entwirft Theorien oder epochale Paradigmen.

Kunst und Wissenschaft scheinen auch als Mischformen hervor wie z.B. als Theologie oder Pädagogik. Solche Mischformen wie z.B. Sozial-, Wirtschafts- oder Politikwissenschaften gründen dann Logik häufig auf Statistik, auf der Kunst, Geschehnisse in Zahlen abzubilden.

Problematisch wird es dann, wenn der Verstand versucht, Verstehen der Vernunft zu beweisen. Diese Gefahr erscheint in Mischformen wie z. B. in Theologie besonders hoch. Immer wieder lassen sich Theologen oder auch Philosophen durch den Verstand zu sogenannten Gottesbeweisen verleiten.

Trotz aller Bemühungen erweisen sich solche Versuche natürlicherweise als nutzlos. Das Bestreben der Vernunft, sich beweisen zu müssen, scheitert spätesten an der Grenze zwischen Glauben und Wissen. Wissen zu können, was man glauben muss, aber erscheint erfahrungsgemäß unmöglich.

25
Jan
2014

Intuition Glauben schenken

Ursprünglich natürliches, künstlerisches Denken vollzieht sich in Bildern der Fantasie. Diese Bilder entstehen vor allem emotional, fantasievoll spielerisch als Tag- und Nachttraum. Künstlerisch schaffende Menschen setzen solche Intuitionen unmittelbar in ihren Werken schöpferisch um.

Diese Kunstwerke lassen sich wiederum nur intuitiv verstehen. Allein durch künstlerische Werke vermögen Emotionen unmittelbar intuitiv kommunizieren, und zwar zumeist sogar global, d.h. national unabhängig. Die Sprache der Kunst ist zwar nicht wie die Sprache der Wissenschaft allgemeingültig, aber dafür ohne besondere Festlegungen unmittelbar allgemein gültig.

„allgemein gültig“ bedeutet im Gegensatz zu „allgemeingültig“ nicht „per definitionem richtig oder beweisbar“, sondern vielmehr „intersubjektiv wahr“. Kunst ist nicht wie Wissenschaft objektiv richtig, sondern untersubjektiv wahr.

Allerdings wird Wahrheit weniger vertraut als Richtigkeit. Das liegt einerseits an der Enge menschlichen Bewusstseins, andererseits an zusätzlichen Verengungen durch Schule und Erziehung.

Das vernunftbegabte Lebewesen hat die Vernunft verlernt. Es zeigt nicht mehr in der Lage, inneren Bildern der Fantasie Glauben zu schenken, um sie vernünftig zu verstehen.

24
Jan
2014

Paradoxon des wissenden Glaubens

Selbstverständlich sollte der Gläubige um Möglichkeiten und Grenzen des Glaubens wissen. Sobald er versucht, diese Grenzen zu überschreiten, weil er versucht, Glauben in Wissen zu überführen, gerät er in kaum mehr aufzulösende Zweifel. Zudem entzieht sich Glauben wie gesagt dem Wissen aufgrund verminderter Komplexität wissenden Fragens.

Aber jene Gewissheit, welche der Glaubende in Hinsicht auf das, was er glaubt, beansprucht, hat unter dem Aspekt des Wissens nichts mit Wissen zu tun. In Wahrheit wäre eine Feststellung wie „Ich weiß, dass ich glaube“ absurd, denn Wissen lässt sich nicht fühlen. ‚Gewissheit‘ des Glaubens ist in Wahrheit subjektive Überzeugung oder Sicherheit, die mit Wissen nichts gemein hat.

Glauben verlangt als Bedingung seiner Möglichkeit das achtsame Beschränken auf das Gefühl, ohne nach Absicherungen durch den Verstand zu schielen. So lässt sich zwar Gottes Existenz sicher spüren, aber niemals wissen.

23
Jan
2014

Vernunft vs. Verstand

„Vernunft vs. Verstand“, in Zeichen „I“ für Intuition und „L“ für Logik.

L: „Arme Vernunft, Du glaubst an Phänomene, die aus meiner Sicht gar nicht existieren!“

I: „Spar’ Dir Dein Mitleid, denn Du bist nicht weniger auf Glauben angewiesen als ich. Nimm doch nur einmal als Beispiel den Kreis, über den Du so schöne Beweise zu führen verstehst. In Wirklichkeit aber gibt es gar keine Kreise!“

L: „Das behauptet auch niemand. „Kreis“, das ist eine Idealform von Wirklichkeit. Ein Rad dreht sich um so besser, je mehr es der Idealform des Kreises entspricht, also rundläuft, obgleich „vollkommen rund“ niemals wirklich zu erreichen ist. Logik vollzieht immer nur eine Annäherung an Wirklichkeit, ohne jemals vollkommen mit ihr kongruent zu werden! Wissen bedeutet immer nur ein vereinfachtes Modell von Wirklichkeit. Und Du hast Recht: Wissenschaft glaubt an ihre Modelle! Kein redlicher Wissenschaftler bezweifelt diesen Glauben!“

I: „Diese Art zu Weise zu glauben, entspricht nicht jenem Glauben, von welchem ich spreche. Was ich glaube, teilt sich mir gefühlsmäßig und nicht logisch mit. Wahrheit ist für mich, was ich als offenkundig empfinde. Es ist keine Annäherung an Wirklichkeit, sondern unmittelbar an das, was ich wirklich fühle."

L: „Gläubige sind in der Regel religiös. Sie glauben das, was Empfindungen in ihnen vergegenwärtigen. Als höchste ‚Stufe‘ gilt ihnen der Glaube an die Idee des Guten oder der Glaube an Gott! Dieses Glauben ist allerdings logisch nicht nachvollziehbar!“

I: „Das braucht es auch nicht. Wenn ich Gottes Gegenwart konkret spüre, was brauche ich dann noch den Beweis, dass Gott wirklich existiert? Er ist ja wirklich durch seine gefühlte Gegenwart!“

L: „Und warum zweifeln dann so viele Gläubige?“

I: „Sie lassen sich von einem fehlgeleiteten Wissensdurst verführen! Sie könnten von den Wissenschaften Bescheidenheit lernen und wie diese innerhalb der Grenzen ihres Bereiches, nämlich dem des Glaubens bleiben! Wer glaubt, das, was er glaubt, beweisen zu müssen, glaubt in Wahrheit nicht. Wissenschaft gesteht jederzeit ein, dass es Bereiche gibt, über die sie keine Aussagen zu treffen vermag. Glauben sollte dem nacheifern und sich selbst treu bleiben!“

L: „Dem kann ich nur zustimmen, schon deshalb, weil wir dann nicht in Streit geraten!“

Seit 16 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Wolfgang F.A. Schmid

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