25
Dez
2013

7 Türen nach innen

Das Wort „Reiz“ drängt sich uns auf. Wir Kennen den Grund dieser Aufdringlichkeit nicht. Aber vertrauen der Fantasie, die uns für diese Idee unverdient, wie wir finden, lobt. Wir befinden uns mit der Fantasie im Raum des Unbewussten. Dieser Warteraum für den Einlass nach innen ist dunkel. Die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas wahrzunehmen, ist das Gefühl. In einer nicht abzusehenden Warteschlange befinden sich unzählige Aussenreize, die darauf warten eingelassen zu werden.

Im Dunkel des Vorbewussten ist es die Fantasie, die allein in der Lage ist, das vorbewusste Geschehen wahrzunehmen und uns davon zu erzählen. Sie sagt uns auch, dass im Vorbewussten Raum und Zeit noch keine Rolle spielen. Deshalb nennt sie das Vorbewusstsein auch das Tor göttlicher Visionen. „Allein hier kann sich ein ewiger Gott wortlos offenbaren“, sagt sie, und sie fügt noch hinzu „Gott hat keine Worte. Er spricht allein in Bildern!“ „Das Vorbewusstsein ist der einzige Raum des Glaubens!“

Die Fantasie verspricht uns, das später noch zu erklären. In diesem Augenblick zuckt ein Licht durch den Raum, gerade ausreichend, um einen Baum, nein, eine Tanne zu erkennen. Und ebenfalls blitzartig durchzuckt uns die Erkenntnis „Das ist unser gesuchtes Wort.

Aber die Fantasie ermahnt uns, nicht vorschnell zu urteilen, denn das, was wir vernehmen, ist noch nicht das Wort, sondern erst das Bild zu einem Wort. Das erste Aufblitzen des Bildes zu einem Aussenreiz, zeigt, dass dieser Reiz bereits von allen anderen Reizen isoliert ist. Als ausgefilterter Reiz wird er zum Impuls, der als Bild im Bewusstsein erscheint. Erst dort wird die Wahrnehmung identifiziert und benannt. Und weil wir eine Tanne gesehen haben, erhält sie auch den Namen „Tanne“.

Da wir inzwischen das Vorbewusstsein verlassen haben, verfügen wir über hinreichend Licht, um uns das Erscheinen des Bildes der Tanne klar vorstellen zu können. Erinnerungsbilder fügen Erfahrungen zu jenem Raum zusammen, in welchen wir in meiner Jugend Weihnachten feiern.

Die Tanne erscheint in Gestalt des Weihnachtsbaumes aus dieser Zeit. Während dieser Interpretation führt mich meine Intuition auf jenen Weg zurück, auf welchem mich die entscheidende Frage meiner Kindheit auf die Suche schickte.

Ich frage mich nach den Ursachen und Gründen für den Verlauf dieser Erkundung. Indem das Ich die Entwicklung des Selbst beobachtet, empfängt es die Inspiration einer schöpferischen Idee.

Jetzt, wo wir das Innere erreichen, zeigt uns die Fantasie auf ihrer Karte noch einmal den zurücklegten Weg:

Isolation —> Initiation —> Identifikation —> Interpretation —> Intuition —> Interrogation —> Introspektion —> Inspiration

Legende

Isolation = Filterung des Sinnenreizes
Initiation = Impuls bewusst zu werden
Identifikation = Verbindung von Innen- und Aussenreiz
Interpretation = Erfahrungen
Intuition = Spiel der Möglichkeiten
Interrogation = existentielle Frage
Introspektion = Suche
Inspiration = Entdeckung einer Idee

24
Dez
2013

Nicht ausgepacktes Geschenk

Als neuronale Adresse ist ein Wort ein verbindliches Versprechen. Sobald es ausgesprochen oder angesprochen wird, verbindet es Kurzzeit- mit Langzeitgedächtnis, um an das zu erinnern, was es meint.

Die Erinnerungen des Sprechenden sind aber nicht die Erinnerungen des Angesprochenen. Das Wort ist allein Hoffnung auf vergleichbare Erfahrungen. Das Wort baut auf Übereinstimmung, die Stimmigkeit durch gemeinsame Stimmungen. Als Stimme des Gefühls wird das Wort in Mitteilungen oft unterdrückt.

Es wird in der Regel nicht mehr bewusst, dass weniger Sinn als vielmehr Gefühle Worte ausmachen. Die Lebendigkeit des Wortes als körpersprachliche Verlautbarung ist verloren. Das Wort bleibt gewöhnlich in der Identifikation stecken. Das allmorgendliche „Guten Morgen“ ist als Lebenszeichen, als Verlautbarung der Freude, sich wieder zu begegnen, meist zur gewöhnlichen Phrase entartet.

Das Wort braucht Zeit, um sein Versprechen einzulösen. Die Wort gegebene emotionale Übereinstimmung braucht Zeit, damit versprochene Stimmigkeit eingelöst werden kann.

Gedichte geraten gar völlig aus den Fugen, wenn Hörer oder Leser es nicht schaffen, sie zumindest für den inneren Dialog zu retten. Wer ein Gedicht nur liest, behandelt es wie ein Geschenk, das er verpackt lässt. Es ist das Geschick vieler Gedichte, umausgepackte Geschenke zu bleiben.

Ein Gedicht verlangt nach Disziplin des Verlangsamens. Ohne Kunst des sich Entschleunigens zerbricht das Gedicht, noch ehe es bewusst zu werden vermag.

Worte sind Stoppzeichen für die Zeit. Wer Worte nicht versteht, wird Begriffe nie begreifen. Denn: Begriffe sind, wie wir noch erfahren werden, Worte einer Welt jenseits von Zeit und Raum.

Zunächst verlangt noch das Wort, hinreichend zu Wort zu kommen. Das Wort „Reiz“ drängt sich auf, um zu einem Gang des Bewusstwerdens einzuladen.

23
Dez
2013

Reflexive Lichterscheinung

Tunneleffekt, das ist ein bewusst gewordenes Moment oder reflexiver Blitz. Diese Lichterscheinung wird als besondere Einsicht erlebt. Das Denken erfährt diesen Augenblick, sobald das Bewusstwerden höchste Vigilanz (Wachsamkeit) erfährt. Die Entwicklung solcher Konzentration lässt sich vor allem durch zwei Prozesse erreichen - durch Loslassen in Verbindung mit Askese und durch Philosophieren in Verbindung mit Fantasie.

Dieser Vorgang lässt sich am einfachsten am Beispiel eines Gedankens beschreiben.

1. Das Denken beginnt, indem eine Wahrnehmung als Vorstellung erscheint. Dieses Innenbild erhält unmittelbar einen geeigneten Namen. Es ist gewöhnlich eine gelernte Bezeichnung. Das Bezeichnen einer bewusst gewordenen Wahrnehmung wird Identifikation genannt.
2. Die vergegenwärtigte Wahrnehmung erinnert an damit verbundene Erfahrungen. Das Vergleichen vergegenwärtigter Wahrnehmungen mit Erinnerungen wird Interpretation genannt.
3. Erinnerungen können zu weitergehenden Fragen anregen. Solche Fragen lösen spielerisches Suchen im neuronalen Netz nach Möglichkeiten neuer neuronaler Verbindungen aus. Werden sie gefunden, so werden sie als Einfälle erlebt. Bei dieser Gelegenheit können Kommentare entstehen, die durch die innere Stimme vermittelt werden. Dieser innere Dialog bzw. das Wechselspiel zwischen Fragen und Antworten wird Interrogation genannt.
4. Während der Interrogation findet ein Überschreiten der Grenze zwischen sinnlich vernehmbaren (physischen) und allein geistig vernehmbaren (metaphysischen) Bereich statt. Als Bilderleben wandelt sich Denken zum Schauen von Ideen, das sind schöpferische Gestaltungsmöglichkeiten der Welt. Dieses Schauen wird von innerem Licht begleitet. Der Name für diese Erscheinung ist Introspektion.

22
Dez
2013

Nicht beim Wort nehmen

Die Vielfältigkeit des Denkens zeigt, wie viel bei einem Wort ungesagt bleibt. Die Sprache der Musik genügt der Mehrdimensionalität des Denkens noch am ehesten. Zudem wir sie von nahezu allen Völkern der Erde verstanden.
Was während der Verschriftlichung der Sprache verloren geht, versucht die Fantasie während der Beschäftigung mit einem Text auszugleichen. Das Denken ist auf diesen Ausgleich angewiesen, um sich überhaupt vollziehen zu können. Dabei entsteht gewöhnlich die kaum vermeidbare Gefahr, dass etwas Anderes entsteht als der Text zu vermitteln versucht.
Die Wissenschaft versucht diese Gefahr abzuwenden, indem sie Regeln aufstellt, wie mit einem Wort umzugehen ist.
Die Texte der Kunst dagegen laden eher die Fantasie zum Mitspielen ein. Künstlerische Texte regen Hörer oder Leser zu eigenen Inszenierungen an.
Sprache bedeutet in der Regel mittelbare Verständigung. Zum unmittelbaren Verstehen kommt es erst durch die eigene Auslegung. Sprache dient wider allen Anscheins der Unterhaltung, bisweilen in Diskussionen auch einer mehr oder weniger kriegerischen Auseinandersetzung zwecks Behauptung oder Durchsetzung eigener Positionen. Sprache eignet sich zur Offenlegung ebenso wie zur Verstellung. Das alltägliche, zumeist verlegen gelächelte „Guten Tag“ ist nicht wörtlich zu nehmen.
Ein Wort beim Wort zu nehmen, das kann manchmal zu bösen Überraschungen führen.

21
Dez
2013

Sprache als Vermittler

Als Widerspiegelung neuronalen Geschehens im Gehirn vermittelt Sprache zugleich jene wesentlichen Gesetze der Natur, welche dieses Geschehen regeln.
Darüber hinaus vermittelt Sprache zwischen der Welt der Sinne und der Welt des Geistes.
Die wesentlichen Prozesse des Vermittelns sind sehen, hören, riechen, schmecken, tasten. Diesen sinnlichen Prozessen entsprechen geistige Prozesse. Dem Gesichtssinn entspricht die Fantasie, dem Gehörsinn die innere Stimme, dem Tastsinn die Vernunft, dem Geschmackssinn das Gefühl, und dem Geruchssinn gleicht die Intuition.
Große Schwierigkeiten ergeben sich vor allem daraus, dass alle Prozesse als Denken zusammengefasst, ohne jedoch einzeln mit bedacht zu werden.

20
Dez
2013

Das gezähmte Wort

„Mein Name ist ‚Lust‘. Aber als Wort drücke ich dieses Empfinden längst nicht mehr aus. Aus der harmlosen Mitteilung „Ich habe Lust, Dich zu treffen!“ ist das dem entsprechenden Urlaut eigene Begehren längst entschwunden. Allenfalls bleibt es noch der sexuellen Begierde zwischen Mann und Frau vorbehalten."
Einer Mitteilung wie „Ich habe Lust, Dich zu treffen!“ merkt man nicht mehr an, ob wirklich Interesse an einer Begegnung besteht.
Die kultivierte Sprache hat mit der ursprünglichen Wildheit längst auch den Charakter des unmittelbaren körperlichen Ausdrucks verloren. „Ich freue mich, Sie zu treffen!“ kann unter Umständen sogar das Gegenteil bedeuten.
Die Körpersprache hat sich aus der kultivierten Sprache zurückgezogen. Aber als unbewusste Begleiterin aller sprachlichen Äußerungen schenkt sie uns immerhin noch die Möglichkeit zu prüfen, was eigentlich wirklich gemeint ist.

19
Dez
2013

Namen beim Wort genommen

Ein Wort versammelt um sich jene Erfahrungen, an welche es durch seine Vergegenwärtigungen erinnert. Das Wort „Dreieck“ erfasst alle gewesenen, gegenwärtigen und zukünftigen dreieckigen geometrischen Figuren.

Das Wort „Dreieck“ ist ein besonderes Wort, weil es eine ganze Gruppe oder Menge gleicher Elemente erfasst. Ein solches allumfassendes Wort trägt den Beinamen „Begriff“. Weil ein Begriff allein gemeinsame Eigenschaften von unterschiedlichem sinnlich Vernehmbaren bestimmt lässt sich das, was er benennt, selbst nicht sinnlich erfassen, sondern allein denken.

Mit dem Denken des Allgemeinen vollzieht sich eine weitere Innenwendung. Mit dieser Innenwendung erreicht das Bewusstwerden die höchstmögliche Stufe der Wachsamkeit (Vigilanz). Dieser Wachsamkeitsgrad bzw. diese größtmögliche Erweiterung des Bewusstseins ermöglicht das Vergegenwärtigen des metaphysischen Raumes bzw. des sinnlich nicht mehr vernehmbaren Bereiches. Seit Sokrates und besonders seit Platon, seinem Schüler macht es sich Philosophie zur Aufgabe, dem Denken den Weg in das sinnlich nicht mehr Vernehmbare bzw. allein Denkbare zu bereiten. Das Vorbereiten dieses Weges wird von Platon als Bildung verstanden. In seinem Höhlengleichnis beschreibt er diesen Weg.

Wie lässt sich nun für mich dieser Weg am einfachsten bzw. möglichst anschaulich beschreiben? Folgendes Gedicht von Goethe soll mir dabei helfen.

 

Ich ging im Walde so vor mich hin

Ich ging im Walde
So vor mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.

Im Schatten sah ich
Ein Blümlein stehn,
Wie Sterne blinkend,
Wie Äuglein schön.

Ich wollt es brechen,
Da sagt' es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?

Mit allen Wurzeln
Hob ich es aus,
Und trugs zum Garten
Am hübschen Haus.

Ich pflanzt es wieder
Am kühlen Ort;
Nun zweigt und blüht es
Mir immer fort.

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

 
Das innere Betrachten der kleinen Blume vollzieht sich von Anfang an philosophisch, weil die Blume als Begriff abstrakt ist. Sie kann für alle möglichen Blumen stehen. Allein die Fantasie vermag der kleinen Blume zu einem konkreten Aussehen verhelfen.
Der Dichter führt den Leser ins Denken, um ihn erkennen zu lassen, was im sinnlich vernehmbaren Bereich höchst selten gelingt, nämlich die Bewegung der eigenen Seele. Die Seele lässt sich bereitwillig grundtriebhaft dazu verführen, sich die kleine Blume bedenkenlos anzueignen. Aber sie wehrt sich, indem sie die innere Stimme sprechen lässt. Dennoch verliert sie ihr Zuhause und wird verpflanzt. Aber sie gibt in der Fremde nicht auf. Der Selbserhaltungs- oder Lebenstrieb rettet sie. Vielleicht war dieses Gedicht in meiner Jugend mein Lieblingsgedicht, weil es mir vergleichbar erging.

18
Dez
2013

In unserem Bewusstsein existiert ein kaum jemandem bekanntes Fenster nach innen

Bewusstwerden oder Bewusstsein als Moment des Bewusstwerdens besteht aus mehreren uns zugänglichen Prozessen, von denen wir im Alltag gewöhnlich nur zwei nutzen, falls wir nicht gerade künstlerisch oder wissenschaftlich tätig sind.

Diese beiden Vorgänge sind Identifizieren und Interpretieren. Ein Bekannter wird identifiziert, indem ich ihn wiederkenne. Ein Bekannter wird interpretiert, weil ich finde, dass er krank aussieht. Ich lege also seinen Gesichtsausdruck aus. Das ist mein Eindruck von ihm. Dieser mein Eindruck muss nicht stimmen.

Weder Identifizieren noch Interpretieren erlauben einen Blick durchs Fenster nach innen. Ein solcher Einblick verlangt das Aktivieren der Intuition. Ich merke gefühlsmäßig, dass ich den Bekannten fragen sollte, ob mein Eindruck stimmt.

Die Intuition setzt einen weiteren Prozess des Bewusstwerdens in Gang, nämlich das Fragen. So stelle ich mir die Frage, wie ich meinen Eindruck am besten so formulieren kann, dass ich ihn nicht verletze. Das Fragen setzt gleichsam einen inneren Dialog mit der Intuition in Gang. Es kann sein, dass die Intuition aus Vorsicht eine Ersatzfrage anmahnt wie z.B. „Haben Sie auch wegen des Vollmondes schlecht geschlafen?“. Indem man sich selbst das gleiche Übel unterstellt, macht man es einem empfindlichen Menschen leichter zu antworten.

Intuition meldet sich üblicherweise dann, wenn Interpretationen nicht als zutreffend empfunden oder spontan keine Interpretationsmöglichkeiten gefunden werden können.

Eine Beantwortung der folgenden Frage bedarf meistens der Intuition: „Wie kann in zweidimensionales Wesen aus einer zweidimensionalen Welt flüchten?“

Vergleichbare Schwierigkeiten dürften bei der Frage „Was ist Sprache?“ auftreten. Vielleicht ergeben sich Antworten wie „Rede- und Schreibweise, Verständigungsmittel oder auch Ausdrucksweise“. Aber diese Antworten helfen insofern nicht weiter, als sie verstandesmäßig gegeben und letztlich „Identifikationen“ sind.

Was nun, denn wir wollen mehr über Sprache in Erfahrung bringen? Betrachten wir Sprache im Detail, indem wir uns ein einzelnes Wort genauer anschauen.

Ein Wort ruft Erfahrungen ins Bewusstsein. Es sind Erinnerungen, die aufgrund eines gelesenen oder geschriebenen Wortes vergegenwärtigt werden. So erinnert das Wort „Tanne“ besonders in der Advents- und Weihnachtszeit an die Weihnachtstanne zu Hause und erzeugt spontan vielleicht eine Vorstellung vom Weihnachtsfest in der eigenen Kindheit.

Durch diese Betrachtung der Wirkung eines Wortes, wird das Wort gleichsam lebendig und weckt dadurch Emotionen und durch sie zugleich Intuitionen. Es beginnt plötzlich zu interessieren, was gleichsam hinter der Kulisse geschieht, bevor ein Wort Erinnerungen weckt.

Die Intuition bemüht die Logik des Verstandes, um mit Hilfe der Fantasie weiterzukommen.

Das ergibt folgende Überlegung: Ein Wort nennt gespeicherte Erfahrungen beim Namen. Erfahrungen sind neuronal im Gehirn gespeichert. Ein Wort ist also gleichsam die Adresse für eine Menge entsprechender Nervenzellen. Durch das Betrachten der neuronalen Tätigkeit öffnet sich das Fenster nach innen. Der Name für diese Innenwendung ist Introspektion:
Innenwendung = Identifikation —> Interpretation —> Intuition —> Interrogation —> Introspektion

17
Dez
2013

Ein Substantiv erzählt die Geschichte von Vektoren

"Gleich und gleich gesellt sich gern!" Worte, die gleichgesinnte suchen, um sich verbinden zu können, geben eine Art Suchanzeige auf. Diese Anzeigen werden durch bestimmte Boten (Botenstoffe) übermittelt. Boten, die Suchanzeigen bei sich tragen, werden ihrer Aufgabe gemäß Träger genannt.

Um diese Träger von anderen, beispielsweise von Nachrichtenträgern, unterscheiden zu können, erhalten sie einen besonderen Namen. Tragen heißt lateinisch "vehi". Deshalb erhält ein Träger mit einem Suchauftrag den Namen Vektor. Jedes Wort ist ein möglicher Vektor, weil es seine Aufgabe durchzuführen vermag, indem es sich mit anderen Worten zu einem Satz zu verbinden und gemeinsam mit anderen Worten einen Inhalt zu gestalten vermag.

Um dieser Aufgabe entsprechen zu können, ist jedes Wort mit einem Bild, durch das es sich auszudrücken vermag, ausgestattet. Ansprechbare Wörter zeigen in ihren Bildern etwas Gemeinsames
So können das Wort „Fußweg“ und „Löwenzahn“ aufgrund individueller Erfahrungen Gemeinsamkeiten aufweisen und mit dem Satz „Am Rand des Fußweges wächst ein Löwenzahn“ eine Partnerschaft eingehen. Beide Wörter können Stichworte für diesen Satz sein, denn sie sind durch die im Gedächtnis gespeicherte Erfahrung mit dem Löwenzahn auf dem Fußweg bereits unbewusst miteinander verbunden, bevor sie sich als Satz im Bewusstsein vergegenwärtigen.

Um sich über die vielfältigen Aufgaben klar werden zu können, bedarf es der Grammatik, gleichsam die Strassenverkehrsordnung des neuronalen Netzes. Zunächst muss entschieden werden, ob nur einzelne Sätze gesetzt oder zu einem Kontext bzw. Text zusammengestellt werden sollen.

Soll ein Text entstehen, dann müssen dessen Sätze durch einen übergeordneten Nomen maßgeblich geregelt bzw. gebunden werden. Ein ordentlicher Text sollte leicht gestrickt sein. Die einzelnen Sätze sind durch gemeinsame Bestandteile vernetzt. Beispiel zweier vernetzter Texte: Die G e b ä u d e der kleinen Stadt stammen noch aus dem Mittelalter. Das älteste G e b ä u d e ist das Rathaus. „Gebäude“ ist das übergeordnete neuronal Wort, ein Substantiv, das eine Menge vergleichbarer Objekte bezeichnet.

Warum fällt nun gerade ein Satz wie „Am Rand des Fußweges wächst ein Löwenzahn“ ein? Einfällt, was auffällt oder sich aufdrängt. Die Umstandsbestimmung des Ortes deutet auf eine Erfahrung einer auffälligen Umgebung von etwas. Tatsächlich ist es ein frischgrüner Löwenzahn inmitten des Winters, der als ein natürliches Symbol für die ungewöhnliche Kraft sich durchzusetzen, auffällt während der Kehrwoche und er übersteht sie auch. Das Ungewöhnliche sorgt für die Auffälligkeit der Erfahrung, die sie im Gedächtnis bis zur passenden Gelegenheit, sich zu reaktivieren, bereithält.

16
Dez
2013

Worte als Animateure

Ein Substantiv stellt sich vor: “Ich bin eine Wortart, die wohl am häufigsten vorkommt. Alle Wortarten spielen in unserem neuronalen Netzwerk eine wichtige Rolle. Ich selbst bin wie viele andere Substantive sowohl als Subjekt als auch als Objekt tätig.
Daraus ergibt sich, dass wir gewöhnlich in Sätzen unterwegs sind. Ein Satz vermittelt zwischen Neuronen. Die Anzahl der verbundenen Neuronen hängt von der Wichtigkeit der Sätze ab. Es existieren sogar Sätze, die sich in regelmäßigen Abständen wiederholen. Da sie deshalb sehr vertraut sind, werden sie von ihren Autoren entsprechend geliebt. Viele große Denker haben sogar einen Lieblingssatz den sie unermüdlich in verschiedenen Variationen wiederholen.

Wir Wortarten benutzen möglichst einfache Sätze, weil diese höhere Geschwindigkeiten erlauben.
Die Geschwindigkeit im neuronalen Netz hängt davon ab, wie schnell wir verstanden werden. Je größer ein Satz ist, desto langsamer können wir uns fortbewegen. Ganz schwierig wird es, wenn wir mit Anhängern bzw. Nebensätzen oder als Schachtelsätze unterwegs sind.

Man soll keine langen Sätze bilden, insbesondere keine Schachtelsätze, bei denen die einzelnen Satzteile ineinander verkeilt sind. Das führt leicht zu Unfällen.

Als Substantiv werde ich auch Nomen oder Hauptwort genannt. Diese Beifügung soll meine Bedeutung betonen. Manchmal werde ich nach meinem Alter und meinem Geburtsort gefragt. Ich bin wohl so alt wie die Erde, denn es ist überliefert „Am Anfang war das Wort“. Demnach müsste ich in jener Gegend geboren worden sein, welche zugleich als Ursprung der Schöpfung gilt. Im einzelnen Menschen werde ich zugleich mit der Vernunft aus den Spielen mit imitativen Lauten und Verlautbarungen geboren. Als “Mama“ oder „Papa“ war ich vielleicht als erstes Wort im werdenden neuronalen Netz meines Hirnlebens.

Bisweilen werde ich auch gefragt, wie ich meine Sätze finde, mit denen ich mich durch ein neuronales Netz bewege. Dazu habe ich mir die Geschichte vom vektoriellen Treiben ausgedacht. Diese Geschichte erzählt, wie ich mir das vorstelle."

15
Dez
2013

Das Gehirn als konkreter und abstrakter Künstler

Der Satz „Eisblumen blühen an Fensterscheiben.“ ist konkret. Dagegen ist der Satz „Ein Quadrat ist eine zweidimensionale geometrische Figur.“ abstrakt.

Ein konkreter Satz schildert sinnlich Vernehmbares. Ein abstrakter Satz beschreibt Denkbares. Eisblumen kann jeder sehen. Quadrat aber ist als Definition ein reiner Gedanke, durch den eine Vorstellung projiziert wird. ‚Quadrate‘, die sinnlich wahrgenommen werden, sind immer nur Annäherungen an die geometrische Definition. In Wahrheit kommen Quadrate in der Natur nicht vor. Eisblume dagegen ist als sinnliche Erfahrung eine Innenbild gebende Vorstellung.

Konkretes Denken beschreibt Erfahrungen. Abstraktes Denken vollzieht sich in Abstraktionen oder Begriffen.

Konkretes Denken schafft künstlerisch, abstraktes Denken schafft wissenschaftlich. Abstraktionen dienen in Regel entweder als Vorlagen, um sinnlich Vernehmbares zu schaffen, oder als allgemeine Formen, um Zusammenhänge zwischen oder innerhalb des sinnlich Vernehmbaren zu bestimmen.

Viele Gedanken wie z.B. das Quadrat, dienen der Identifikation sinnlicher Wahrnehmungen. Gedanken können auch Täuschungen sein wie Elefanten, die nachts eine Autobahn überqueren. Man denkt dann, etwas wahrzunehmen, was nicht existiert.

14
Dez
2013

Dokument neuronalen Geschehens

Indem sich im Gehirn eine durch ein Wort neuronal fixierte Erfahrung reaktiviert und zugleich bewusst wird, teilt die betroffene Nervenzelle allen anderen mit, dass sie Kontakt sucht. Das mündliche oder schriftlich vorgegebene Wort bedeutet die Aufgabe einer neuronalen Suchanzeige, um Erinnerungen wachzurufen. So bewirkt das Wort „Schule“ Wiedererinnerungen an schulische Ereignisse.

Wort ist ein grammatisches Element, und Grammatik zeigt uns, wie damit umgegangen werden kann. „Baum“ kann sowohl Subjekt als auch Objekt sein. Die grammatische Regel besagt nun, dass es eines Tuns bedarf, um diese Funktion eines Wortes festzulegen. „Baum (Subjekt) erschlägt Fußgänger (Objekt).“ oder „Waldarbeiter (Subjekt) fällt Baum (Objekt).“ Die Tunwörter „erschlagen“ und „fällen“ bestimmen die Stellung des Wortes „Baum“ in den beiden Sätzen. Im ersten Satz wird das durch „Baum“ adressierte Neuron zum Impuls, aufgrund dessen das durch „Fußgänger“ adressierte Neuron reagiert.

Die Überführung von der neuronalen Aktion in die neuronale Reaktion wird durch den Transmitter „erschlagen“ definiert. Während dieser Transmission geschieht die Vergegenwärtigung des orkanbedingten Ereignisses „Baum erschlägt Fußgänger“.

„Baum erschlägt Fußgänger“ war Schlagzeile zu einem Bericht über den Orkan ‚Xaver‘. Ein Satz spiegelt eine durch ihn dokumentierte neuronale Aktivität. Jenes Innenbild, welches sich aufgrund der Schlagzeile als Vorstellung entwickelt, entsteht zufolge im Gedächtnis verfügbarer, unter Umständen sogar nur medienvermittelter Erfahrungen.

Dieser Fall demonstriert, wie sich neuronale Geschehnisse als Texte dokumentieren. Wer schreibt, bekommt offensichtlich das, was er schreibt von seinem Gehirn diktiert. Anlässe für solche Diktate sind vielfältig. Das können aktuelle Situationen oder Ereignisse oder Erinnerungen sein. Um das zur Sprache bringen zu können, was es augenblicklich bewegt, nutzt das Gehirn sehr unterschiedliches Bildmaterial. Beabsichtigt es Erkennen, dann greift es zu abstrakten Bildern. Will es dagegen Erleben in Gang setzen, dann nutzt es konkrete Bilder.


ff

13
Dez
2013

Das Gehirn diktiert den Text

Wer schreibt, bekommt offensichtlich das, was er schreibt von seinem Gehirn diktiert. Anlässe für solche Diktate sind vielfältig. Das können aktuelle Situationen oder Ereignisse oder Erinnerungen sein.

Um das zur Sprache bringen zu können, was es augenblicklich bewegt, nutzt das Gehirn sehr unterschiedliches Bildmaterial. Beabsichtigt es Erkennen, dann greift es zu abstrakten Bildern. Will es dagegen Erleben in Gang setzen, dann nutzt es konkrete Bilder.



ff.

12
Dez
2013

Abstrahieren, ist das noch Denken?

Abstrahieren bedeutet das Allgemeine im Einzelnen erkennen und von ihm abheben, verallgemeinern, zum Begriff erheben.

Denken aber bedeutet Bilderleben!

Seit 16 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Wolfgang F.A. Schmid

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