4
Mai
2014

'Selbsterkenntnis'

„Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung!“ heißt es, aber die Bereitschaft, sich darauf einzulassen, wird allzu oft enttäuscht.

Der Versuch, sich selbst zu erkennen, bewegt viele dazu, Tagebücher zu schreiben. Hier scheitert die Selbsterkenntnis schon aus einem ganz einfachen Grund. Wie viele Bücher so werden auch diese höchst selten gelesen. Es beruhigt einfach, diese zu besitzen.

Jeder von uns hat ein mehr oder weniger vages Bild von sich. Und mancher ist überrascht, wenn er von anderen geradezu gegensätzlich beschrieben wird. Dann fragt man sich schon, was da nicht stimmt. Oft verhält es sich so, dass man anders erscheint, als man tatsächlich ist. Anders ist es, wenn man das eigene Selbstbild objektiviert, indem man malt, schreibt, musiziert oder komponiert.

Das eigene Verhalten spiegelt am ehesten, wie zutreffend oder unzutreffend das eigene Selbstbild ist. An objektivierten Handlungen lässt sich leichter feststellen, woran es einem selbst noch mangelt.

Natürlich bemüht man sich, aber irgendetwas blockiert dieses Bemühen. Man erfährt nichts über sich, das wirklich weiterhelfen könnte. Selbst dann, wenn uns in einem Problemfilm unser Verhalten beispielhaft vorgeführt wird, mögen wir zwar unsere Fehler wiederkennen, aber bei uns ändern wir nichts.

Es ist wohl ein natürlicher Selbstschutz, der nicht nur vor einer Selbstbehandlung schützt, sondern auch davor, eigenes Verhalten entschieden zu ändern.

3
Mai
2014

Falsche Vorsicht

Denken ist ein natürlicher ganzheitlicher, also körperlicher, seelischer, geistiger Vorgang. Wir nehmen wahr, fühlen, denken, ohne uns sonderlich anzustrengen.

Anstrengend wird es, sobald wir versuchen, Denken an uns selbst zu beobachten. Die Fähigkeit der Selbstbeobachtung verlangt besondere Achtsamkeit. Erinnern eigenen Verhaltens vergegenwärtigt Situationen, die sich nachträglich noch wie in einem Film betrachten lassen.

Unser ‚Kopfkino‘ zeigt uns dank Erinnerung Ausschnitte, in denen wir unser Verhalten beobachten und rückblickend beurteilen können.

Die meisten nutzen ihre Fähigkeit der Selbstbeobachtung nicht. Sie wollen ihr Bild von sich selbst nicht gefährden.

2
Mai
2014

Denken lässt sich nicht von anderen lernen

Das Problem des Denkens besteht letztlich darin, dass es wirklich nur allein durch Selbstbeobachtung erfahren werden kann. Der höchst empfindliche subjektive Vorgang des Denkens wird verbogen, sobald jemand versucht, Denken andere zu lehren.

Zufolge seiner hohen Empfindlichkeit ist das Denken sprachlich sehr anfällig. Es bewahrt seine natürliche Offenheit und von Natur aus gegebene Freiheit nur, solange es auf eigenen, selbst erfahrenen, gefühlten Worten und Wortprägungen gründet.

Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass man denken lernen kann, indem man sich das von Philosophen zeigen lässt.
Denken ist vielleicht das einzige Vermögen, das jeder bei sich selbst herausfinden und entdecken muss. Denken ist nicht allgemein lehrbar, weil jeder wirklich anders denkt.

Künstlerisches Schaffen ist vergleichbar empfindlich. Man kann kein Künstler werden, indem man eine Kunsthochschule besucht. Künstlerische Begabungen lassen sich allenfalls fördern und auch fordern, indem aufgezeigt wird, wie sie sich am geschicktesten nutzen und umsetzen lassen.

Begabungen lassen sich demnach allein handwerklich bzw. praktisch (technisch) unterstützend fördern.

Meines Wissens sind Sokrates und seine Schüler die einzigen Philosophen, die das Denken als natürliches Vermögen betrachten und philosophische Lehre als Anregung betrachten.

Dieser Begriffskalender orientiert sich an dieser ursprünglichen philosophischen Auffassung und versteht „Begriffe“ als unverbindliche Anregungen zum Selbst-Denken. Begreifen als Ergreifen der eigenen schöpferischen Möglichkeiten.

1
Mai
2014

Denken, w a s ist das? (Wiederholung)

Die Frage „W a s ist …?“ fordert, etwas zu bestimmen. Da Denken ein Vorgang ist, der uns allen von Natur aus zueigen ist, müsste jeder bestimmen können, was er unter diesem Vorgang versteht. Über das selbst beobachtete W i e kann er das W a s bestimmen, sobald er sich eine Situation vorstellt, von der annimmt, dass er nachgedacht hat.
Sie brauchen diese Ihre eigene Bestimmung, um mehr über das Denken erfahren zu können.

30
Apr
2014

Denken (2)

Das Denken durch Selbstbeobachtung erschließen, das erfordert einige Geduld, insbesondere dann, wenn man kaum oder gar keine Erfahrungen mit Selbstbeobachtung hat.

Die einfachste Übung der Selbstbeobachtung ist das Erinnern. Sobald man sich an eine Situation erinnert, kann man sich diese auch wieder vorstellen. Vorstellen bedeutet Bilder von etwas im Kopf haben. Sich erinnernd kann man sich eine Situation, die man selbst erlebt hat, in diesem Kopfkino noch einmal anschauen oder betrachten und beobachten, wie man sich in dieser Situation verhalten hat.

Indem wir unser Vorgehen beschreiben, stellen wir fest, dass wir Vorgänge in uns sprachlich anregen und steuern können. Wir führen gleichsam Regie über unser Kopfkino.

Um nun für uns herauszufinden, w a s Denken ist, erinnern wir uns an eine Alltagssituation, von der wir annehmen, dass wir gedacht haben. Spontan fallen Situationen ein, in denen etwas entschieden werden muss. Wir beobachten ein Hin und Her zwischen dem, was eigentlich anliegt, und dem, was wir lieber machen wollen.

Denken begegnet uns hier als Vergleichen zwischen dem, was ist, und dem, was sein soll. Vergleichend bewerten wir zugleich das Für und Wider, das Eine zu tun und das Andere zu lassen. Während wir diesen kleinen Konflikt betrachten, stellen wir fest, dass wir unser „Denken" als „(be) wertendes Vergleichen von Möglichkeiten, sich zu verhalten, um darüber zu entscheiden“ festhalten können.

Wir könnten jetzt noch genauer beschreiben, wie Denken vor sich geht, aber wie wollen ja zunächst die Frage „W a s ?“ und nicht die Frage „W i e ?" beantworten.

Aber unsere Bestimmung des Denkens als „(be) wertendes Vergleichen von Möglichkeiten, sich zu verhalten, um darüber zu entscheiden“ ist viel zu sperrig, um sie behalten zu können.
Also versuchen wir, diese umständliche Bestimmung zu vereinfachen. Wir streichen alles und lassen „Vergleichen => Entscheiden“ stehen.

Vergleichen ist ja immer ein Vergleichen von Möglichkeiten, und sicheres Entscheiden setzt klares Bewerten voraus. Es genügt also Denken als „Vergleichen => Entscheiden“ festzulegen.

Kürzel + Bild:

VE - Kürzel für „Volksempfänger“ oder „verdeckter Ermittler“ als Bilder nach Wahl, um VE besser zu behalten.

Denken ist auf Erinnern angewiesen. Und Erinnern ist eine Leistung des Gedächtnisses. Und das Gedächtnis behält etwas einfacher und länger, wenn es ein Bild dazu hat; ein solches Bild darf durchaus ‚schräg‘ oder humorvoll sein. Die Fantasie gestaltet spontan eine Geschichte, die zum Inhalt passt.

Der Volksempfänger sendet das Hörspiel „Der verdeckte Ermittler“. Sie denken, sobald Sie eine Szene dieses Spiels hören.

29
Apr
2014

Denken (1)

„Denken“, was ist das? Es gibt nicht die Antwort auf diese Frage. Jeder meint, sagen zu können, was „Denken“ für ihn bedeutet. Das hat insofern seine Berechtigung, als jeder „Denken“ für sich erfährt.

A erklärt z.B. „Wenn ich in die Stadt gehe, denke ich vorher darüber nach, was ich brauche. Ich sehe jene Geschäfte vor mir, von denen ich annehme, dort am besten zu finden, was ich brauche. Wenn ich mir das nicht so genau überlege, neige ich zu spontanen Einkäufen!
Also unter ‚Denken‘ verstehe ich beispielsweise ‚nachdenken, annehmen, überlegen‘. Aber ich könnte noch viele andere Wörter einsetzen wie ‚besinnen, erkennen, erinnern, glauben, knobeln' usf.“

B erklärt: "Wenn ich einen Brief oder ein Gedicht schreibe, dann denke ich. Wenn ich etwas durch- oder nachrechne, dann denke ich. Wenn ich zweifele, dann denke ich nach, um meinen Zweifel auszuräumen. Wenn ich ein Gedicht lese, dann denke ich ebenso nach wie wenn ich Musik höre oder einen Film anschaue! Also ich glaube, „Denken“ begleitet all unser Tun oder besser: alles, was wir erleben!“

Ist Denken so vielschichtig oder unterschiedlich? Mir fällt auf, dass die Frage „Denken, was ist das?“ falsch gestellt sein könnte. Die Was-Frage ist insofern projizierend, als sie sich nach Ansichten erkundigt, gleichsam unterstellt, dass „Denken“ Ansichtssache ist.
Das mag sogar zutreffen, aber aus Ansichten lässt sich eben keine Antwort finden, der jeder zustimmen kann.

Aber muss das überhaupt sein? Die Antworten von A und B versteht doch jeder?

Andererseits verweist das Wort „denken“ auf etwas, das wir alle verstehen, denn jeder vermag dazu etwas zu sagen. Vermutlich wird die Bedeutung des Wortes aus unterschiedlichsten Vorkommnissen im Alltag erschlossen. Vielleicht erfährt ein Kind eine erste Bedeutung von „Denken“, wenn es von seinen Eltern ermahnt wird, doch bitte ruhig zu sein, weil sie nachdenken müssen.

Was tun die Eltern, wenn sie diese Bitte äußern? Sie schweigen eine ganze Weile, bevor sie wieder miteinander sprechen. Das Kind versteht das Problem nicht, das seine Eltern zu lösen versuchen, aber es erschließt seine Bedeutung von „Denken“, nämlich etwas, das man in Ruhe tun muss, bevor man sprechen kann. Nach und nach erfährt es mehr, z.B. durch wiederholtes Ermahnen „Erst denken, dann sprechen!“ Aha: Denken als Abwarten vor dem Sprechen!
In der Kita schließlich setzt die Erzieherin voraus, dass sie verstanden wird, wenn sie beim Basteln eine bestimmte Fertigkeit verlangt, indem sie auffordert „Denk doch noch einmal nach, wie das geht!“ Das Kind erschließt sich „Denken“ als sich an etwas erinnern, das ihm bereits gezeigt wurde.

Denken als das Sich-daran-Erinnern, wie etwas geht. Bleibt man bei dieser Bedeutung, dann könnte man sich auch aus eigener Erfahrung erschließen, was (!) das genau ist, das Denken.

28
Apr
2014

Erziehung zur Bildung

"Deine Erzieher vermögen nichts zu sein als Deine Befreier. Darin liegt das Geheimnis aller wahren Bildung.“, stellt Nietzsche in seiner Schrift „Schopenhauer als Erzieher“ fest.


Das Verb erziehen bezeichnet ursprünglich in der Bedeutung von herausziehen die Tätigkeit der Hebamme, die das Gebären eines Kindes unterstützt. Das ist das Bild für Erziehung, das Sokrates von seiner Mutter, eine Hebamme, übernimmt.

Sokrates versteht unter Erziehung zur Bildung gleichsam Hilfe zu Selbsthilfe. Diese Hilfe vollzieht sich als Ausbildung des natürlicherweise vorhandenen geistig seelischen Vermögens inneren Wahrnehmens.

27
Apr
2014

Mitteilung des Unbewussten

Das Unbewusste teilt sich durch Träume, Visionen oder in Meditationen bildhaft mit. Spontane Deutungen solcher Mitteilungen durch Eingebungen der Vernunft beziehen sich wie lautlose Verlautbarungen der inneren Stimme gewöhnlich auf anliegende oder gerade zurückliegende Vorhaben. In der Regel sind es vorwiegend kritische Empfehlungen, Aufforderungen oder Anfragen.

Diese Äußerungen werden als teils rational, teils emotional gedeutete Impulse von Antrieben, Bedürfnissen oder Wünschen bewusst. Dieses vage Bewusstwerden erschwert das klare Verstehen von Einflüssen des Unbewussten. Das führt allzu leicht zur Verdrängung innerer Anregungen.

“Es geht geisterhaft zu, jeder Augenblick des Lebens will uns etwas sagen, aber wir wollen diese Geisterstimme nicht hören. Wir fürchten uns, wenn wir allein und stille sind, daß uns etwas in das Ohr geraunt werde, und so hassen wir die Stille und betäuben uns durch Geselligkeit.”
Friedrich Nietzsche, Werke I - Unzeitgemäße Betrachtungen)

Das Sprechen der inneren Stimme lässt sich nicht willentlich erreichen. Platon beschreibt den Weg, die innere Stimme zu Gehör zu bringen, als Erziehung zur Bildung.

26
Apr
2014

Paradoxon gefühlten Glaubens

Glauben lässt sich nicht wissen, sondern intuitiv erfahren. Intuitionen bringen zum Vorschein, was sich vor Reflexionen verbirgt.

Manche Menschen überwinden schwere Krankheiten, indem sie wider besseres Wissen der Mediziner an ihre Heilung glauben. Der Glaube an selbstheilende Kräfte offenbart, was sich nicht durch Wissen erschließt.

Nicht selten siegt die Wahrheit des Glaubens über das Wissen des Verstandes. Betroffenen erscheinen intuitive Offenbarungen ebenso zutreffend wie Aussagen des Wissens.

Geniale Denker erblicken oft intuitiv, was sich erst viel später beweisbar beobachten lässt. „Alles, was wirklich zählt, ist Intuition!“, sagt Albert Einstein, und der geniale Physiker kritisiert: „Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Geist ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat.“



Rationales Denken bildet zwar das Fundament unserer Kultur, aber dennoch kennen die meisten Menschen Erfahrungen, in denen sie „aus dem Bauch heraus“ , entscheiden. Wie aus dem Nichts taucht eine Lösung auf, ohne sie am Schreibtisch erarbeitet zu haben.

„Fühlend wissen“ kann man diesen Zustand nennen. Goethe nennt die Intelligenz des Unbewussten (Intuition) „Herzensscharfsinn“. Motive und Ideen gelangen gleichsam als Begriffe des Unbewussten zum Vorschein. Intuitionen definieren nicht weniger trennscharf als Formeln.

Gefühle vermögen ebenso klar entscheiden, was zu tun ist, wie rationale Planung. Emotionaler und rationaler Begriff sind gleichwertige Definitionen, wenngleich diese Gleichung tradiertem Denken widerstrebt. Diese traditionelle Ablehnung aber steht wiederum dem entgegen, was Platon als Philosophieren begreift, nämlich intuitives Schauen der Ideen.

Der Versuch eines Rückgangs in den Ursprung der Philosophie, also in das Denken Sokrates’ und Platons, erscheint mehr als überfällig.

25
Apr
2014

Meditieren

Meditation (von lateinisch meditatio, zu meditari „nachdenken, nachsinnen, überlegen“, von griechisch μέδομαι / μήδομαι medomai „denken, sinnen“) bedeutet nach innen schauen.

Descartes’ betrachtet Meditation als Regelung innerer Wahrnehmungen des Geistes. In seiner Schrift „Regulae ad directionem ingenii“ beschreibt er die wichtigsten Schritte zur Regelung der geistigen Wahrnehmung.


Meditation dagegen, die inneres Wahrnehmen in Kontemplation überführt, beschränkt sich nicht auf den Verstand, sondern bezieht sowohl Körper als auch Seele mit ein. Dieser komplexe Vorgang soll an einem Beispiel erläutert werden.

Mönche eines beschaulichen Ordens wie die Trappisten ziehen sich in die Einsamkeit einer Welt des Schweigens zurück, um zu meditieren. Sie schaffen durch Askese die körperlichen Voraussetzungen, um sich in ihre Heiligen Schriften zu versenken. Die Inhalte der Schriften verbildlichen sich und lassen fantasievoll lebendig werden, was sie erzählen. Es sind Bilder, in denen Gott, einer Vision gleich, zu ihnen spricht. Eigenschaften biblischer Gestalten repräsentieren beispielhaftes Handeln vorbildhafter Wesen. Deren Glauben als Grund ihres Handelns verschafft den Meditierenden zugleich den Sinn ihres entbehrungsreichen Daseins. Vertiefung in dieses Gefühl verschenkt innere Kraft und Stärke für die eigene Existenz. Dieses innere Erleben steigert Befindlichkeit und Einstellung zum Glauben. Solche gleichsam euphorische Befindlichkeit gestaltet sich als seltener mystischer Augenblick des Glücks, in dem Gottes Gegenwart erfahren wird. Aber solche Glücksmomente sind überreicher Lohn für viele opfervolle Entbehrungen.

24
Apr
2014

Wirklichkeit des Glaubens

Das Verständnis der Wirklichkeit als Realität ist einseitig, lässt es doch die Seele vollkommen außer Acht.

Aus diesem Grund drängt es sich auf, Wirklichkeit als ganzheitliches, körperliches, seelisches, geistiges Erleben aufzufassen. Erkennen vollzieht sich demnach als inneres Schauen (Kontemplation), Gefühl. Diese gefühlte Versenkung offenbart sich entweder durch die innere Stimme oder durch ein klar gespürtes inneres Bild (Vision).

Bei schöpferischen bzw. künstlerischen Menschen offenbart sich Erkennen in der Regel durch das eigene Schaffen. Erkenntnis gelangt, bisweilen verschlüsselt durch das Werk zum Vorschein.

Innere Erkenntnis wird nicht begriffen, sondern als solche in einem geglückten Augenblick empfunden.

Ob eine innerlich geschaute Erkenntnis wahr ist, besagt das innere Gespür. Die innere Stimme schweigt, wenn es an solchem Aufspüren mangelt.

In der Geschichte der Philosophie wird das Phänomen der inneren Stimme zum ersten Mal von Sokrates beschrieben. Sokrates nennt sie ‘daimonion’: Wesen und Wirkung des Göttlichen.

Nach Sokrates Auffassung wird jedem Menschen von Geburt an ein göttlicher Schutzgeist mit auf den Weg gegeben, der ihn vor Unheil bewahrt. Erst wenn der Mensch diesen Schutzgeist vernachlässigt und damit den Unwillen der Götter erregt, wird das Dämonische in ihm zur Verblendung und Besessenheit.

Das sokratische Daimonion hat eine Stimme und stellt sich schützend vor die ihm Anvertrauten. Für Sokrates ist das ein klar erkennbares Faktum. Es ist so selbstverständlich anwesend, dass dies nicht erst diskutiert zu werden braucht. Das Daimonion berät zwar, aber es trägt nicht zum Erkennen bei. Das Daimonion ist streng getrennt vom Verstand, es sagt das, was der Verstand nicht erkennen kann. Es ist nicht das sittliche Gewissen. Was Sokrates zu tun hat und was nicht, sagt ihm sein Verstand. Das Daimonion bedeutet die Stimme, die ihn warnt, sobald er gegen seine Intuition handelt.

Als Stimme des Gewissens offenbart sich Wahrheit natürlicherweise nicht aufgrund von Reflexion, sondern Meditation.

23
Apr
2014

Wissentliches Vorurteil

Risiken des Verweilens auf der Grenzlinie zwischen Sein und Schein oder Wissen oder Glauben gehen von wissentlichen Vorurteilen aus. Vorurteile dieser Art sind Annahmen, sich zur Welt des Glaubens Zugang durch Wissen verschaffen zu können. Das von Anbeginn der Geschichte gegenwärtige Vorurteil, Gottes Existenz oder Leben nach dem Tod beweisen zu müssen, bleibt nach wie vor eine Vorliebe Zweifelnder.

Das Ansinnen, Inhalte des Glaubens zu beweisen, mutet der Welt des Glaubens etwas zu, das ihr zutiefst fremd bleibt, nämlich Wissen. Erkennen in dieser Welt setzt immer schon das Vertrauen in das voraus, was sich allein intuitiv erfassen lässt.

So offenbart sich die Existenz Gottes allein der Seele und nicht etwa dem Verstand. Über Empfindungen der Seele lässt sich meditieren, nicht aber reflektieren.

Wahre Meditation aber findet ihren Ursprung im Loslassen. Indem sich die Seele aus der Fesselung des Verstandes befreit, öffnet sie sich der Wahrheit, die sich aus der Tiefe des Unbewussten offenbart. Wissen wird von außen erworben, Glaube aber wird von innen heraus geschenkt. Wissen ist ein Ergebnis von Erziehung. Glauben ist ein Geschenk der Natur. Bereit zu sein, dieses Geschenk anzunehmen, nennt der Philosoph Platon „Bildung“.

22
Apr
2014

Grenzlinie zwischen Sein und Schein

Die Grenzlinie zwischen Sein und Schein erscheint als Trennlinie zwischen Wissen und Glauben oder zwischen Wirklichkeit und Traum.

Wer sich auf dieser Linie bewegt, riskiert den Absturz. Wer diese Linie überschreitet, wählt das Unglück des Unvereinbaren.

Gegensätze lassen sich nicht auflösen, indem man sie wechselseitig als Mittel zum Zweck einsetzt. Die Richtigkeit des Wissens lässt sich nicht durch die Wahrheit des Glaubens ersetzen und umgekehrt.

Alle Versuche, Gottes Existenz zu beweisen, müssen zwangsläufig scheitern, weil nicht richtig sein kann, was sich allein dem Glauben als wahr offenbart.

Ebenso wenig lässt sich außerirdisches Leben beweisen, indem man daran glaubt. Richtig wird nicht etwas dadurch, dass man es für wahr hält.

21
Apr
2014

Dogma

Im Gegensatz zum Begriff verbleibt das Dogma in der Subjektivität. Als Ausdruck persönlichen Glaubens stellt das Dogma kein Wissen dar, sondern eine Meinung.

Ein Dogma hat es in gewisser Weise noch nicht zum Begriff gebracht. In den meisten Fällen liegt einem Dogma nichts an einer wissenschaftlichen Karriere. Diese Form von Bescheidenheit erklärt sich vom Bildungsgang eines Dogmas her. Im Gegensatz zum Begriff ist das Dogma in der Welt des Glaubens zu Hause, also vorwiegend religiöser Natur.

Die Verlässlichkeit eines Dogmas beruht auf persönlicher Überzeugung.

Seit 16 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Wolfgang F.A. Schmid

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