24
Jan
2020

Wurzeln des Denkens

Wie Wurzeln Pflanzen im Boden verankern, so gründen Gedanken in einem vor- bzw. unbewussten System als deren Netzwerk. Ein Gedanke ist erst dann und nur dann verwurzelt, wenn er seinen Inhalt durch charakteristische Merkmale definiert, in einem sowohl ideellen als auch kausalen Zusammenhang steht, eine Verwirklichung nach dem ökonomischen Prinzip gewährleistet, eine eindeutige Vernetzung mit anderen Gedanken ausweist und als praktische Antizipation gilt.

Zudem muss ein verwurzelter Gedanke unvoreingenommen und vor allem intuitiv generiert werden. Beeinflussung durch Gebrauchtreflexionen mittels Zitaten sollte möglichst vermieden werden.

Alle Lebewesen sind vernunftbegabt. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das mit Hilfe seiner Vernunft den eigenen Lebensraum zerstört. Vernunft ist die körperliche, seelische und geistige Kraft, existentiell zu gestalten.

Es ist ungewöhnlich, sich auf die eigenen Wurzeln zu besinnen und zu erforschen, was sich einem intuitiv offenbart. Die Frage stellt sich natürlicherweise, was sich dem Bewusstwerden als Denken offenbart. Wird auf das geschaut, was sich dem Bewusstsein zunächst zeigt, dann sind das ´Bilder im Kopf´.

Diese Bilder beinhalten vorwiegend Erinnerungen, die einem gerade einfallen. Darüber hinaus erscheinen geplante Vorhaben, die jemanden beschäftigen. Zusammengefasst handelt es sich beim Bewusstwerden um ein Bildergeschehen. Dieses Geschehen lässt sich bewusst beeinflussen. Man kann diese Aktivität „Denken“ nennen, um dann zu beobachten, welche Modi unterschieden werden können. Bei allem, das sich aus solchen Beobachtungen ergibt, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Ergebnisse möglichst auf breite Zustimmung treffen.

Alle Erfahrungen sprechen dafür, „Denken“ als Inszenieren oder Modifizieren inneren Bildergeschehens zu begreifen. Unsere 1. Feststellung hält folglich „Denken“ als Definition fest.

§ 1 Denken inszeniert oder modifiziert inneres Bildergeschehen.


Diese für Jedermann nachvollziehbare Definition beinhaltet die Aufgabe, zu beschreiben, wie das gehandhabt werden soll, um verlässliche Einsichten erreichen zu können.

Die Definition des Denkens gilt als einsichtig, weil sie sich für alle als nachvollziehbar erweist. Aber reicht das Kriterium der Nachvollziehbarkeit aus, um etwas „einsichtig“ zu nennen? Das folgende Beispiel zeigt, dass Nachvollziehbarkeit nicht ausreicht, um etwas einsichtig nennen zu können.

Jemand verlässt an einem schönen Sommertag früh morgens das Haus und stellt fest, dass die Straße nass ist. Seine Erfahrung erklärt ihm, dass es wohl geregnet hat. Aber der unbewölkte, blaue Morgenhimmel scheint diese Vermutung zu widerlegen. Also sieht er sich um und stellt fest, dass die Pflanzen keinerlei Regentropfen aufweisen. Schließlich entdeckt er in der Ferne noch den Wasserspritzwagen, der die Straße mit Wasser besprengt. Die Einsicht, dass es geregnet hat, stellt sich also im Nachhinein als unzutreffend heraus.

Wie lange muss also beobachtet werden, um sich seiner Einsicht sicher sein zu können? Es zeigt sich aber nunmehr, dass das Kriterium der Nachvollziehbarkeit keineswegs ausreicht. Infolgedessen drängt sich die Forderung nach Sicherheit aufgrund von Beweisen auf. „Nachvollziehbarkeit“ reicht offensichtlich nicht aus. Im Fall der regennassen Straße kann der Beweis durch einen sinnlich überprüfbaren Beleg erbracht werden kann, nämlich durch das Sichten des Wassersprengwagens. Festzuhalten gilt, dass von Einsicht dann gesprochen werden kann, wenn das, was behauptet wird, auch sicher bzw. überprüfbar zu belegen ist.

§ 2 Einsicht muss praktisch bzw. empirisch bewiesen werden können.


Die Auseinandersetzung mit dem Denken offenbart, dass die diesem geistigen Vorgang zugrundliegenden Werte und Normen, Regeln und Gesetze Schritt für Schritt erarbeitet werden müssen. Aber vermag dies jemand aus eigener Kraft zu bewältigen?

Mögliche Ursache einer katastrophalen Selbstzerstörung ist hoch wahrscheinlich die beschriebene Selbstentfremdung.

Trackback URL:
https://wolfgangschmid.twoday-test.net/stories/1022673701/modTrackback

Seit 16 Jahren BEGRIFFSKALENDER

Wolfgang F.A. Schmid

Ergänzende Webseiten

 

Archiv

Mai 2021
April 2021
März 2021
Februar 2021
Januar 2021
Dezember 2020
November 2020
Oktober 2020
September 2020
Juni 2020
Mai 2020
April 2020
März 2020
Februar 2020
Januar 2020
Dezember 2019
November 2019
Oktober 2019
Juni 2019
Mai 2019
April 2019
März 2019
April 2018
März 2018
Februar 2018
Januar 2018
Dezember 2017
November 2017
Oktober 2017
September 2017
August 2017
Juli 2017
Juni 2017
Mai 2017
April 2017
März 2017
Februar 2017
Januar 2017
Dezember 2016
November 2016
Oktober 2016
September 2016
August 2016
Juli 2016
Juni 2016
Mai 2016
April 2016
März 2016
Februar 2016
Januar 2016
Dezember 2015
November 2015
Oktober 2015
September 2015
August 2015
Juli 2015
Juni 2015
Mai 2015
April 2015
März 2015
Februar 2015
Januar 2015
Dezember 2014
November 2014
Oktober 2014
September 2014
August 2014
Juli 2014
Juni 2014
Mai 2014
April 2014
März 2014
Februar 2014
Januar 2014
Dezember 2013
November 2013
Oktober 2013
September 2013
August 2013
Juli 2013
Juni 2013
Mai 2013
April 2013
März 2013
Februar 2013
Januar 2013
Dezember 2012
November 2012
Oktober 2012
September 2012
August 2012
Juli 2012
Juni 2012
Mai 2012
April 2012
März 2012
Februar 2012
Januar 2012
Dezember 2011
November 2011
Oktober 2011
September 2011
August 2011
Juli 2011
Juni 2011
Mai 2011
April 2011
März 2011
Februar 2011
Januar 2011
Dezember 2010
November 2010
Oktober 2010
September 2010
August 2010
Juli 2010
Juni 2010
Mai 2010
April 2010
März 2010
Februar 2010
Januar 2010
Dezember 2009
November 2009
Oktober 2009
Juni 2009
Mai 2009
April 2009
März 2009
Februar 2009
Januar 2009
Dezember 2008
Oktober 2008
Februar 2007
Januar 2007
Dezember 2006
November 2006
Oktober 2006
September 2006
Dezember 2005
November 2005
Oktober 2005
September 2005
August 2005
Juli 2005
Juni 2005
Mai 2005
April 2005
März 2005
Februar 2005
Januar 2005
Dezember 2004

Aktuelle Beiträge

. . .
Man muss alle Bewegungen der Natur genau beobachten,...
wfschmid - 25. Mai, 09:45
Unsichtbare Welt
Neuronale Dämmerung im Dunkel des Unbewussten. Der...
wfschmid - 24. Mai, 06:44
glaub' oder glaube nicht was...
glaub' oder glaube nicht was geschehen ist schuf dich ich...
wfschmid - 15. Mai, 04:07
Annähern
Loslassen können Es erinnern Leuchtende Bilder An diesen einzigartigen...
wfschmid - 14. Mai, 08:30
Magische Linien 1
Magische Linien 1 Geschützte Markierung Gefühle der...
wfschmid - 13. Mai, 09:26
Magische Linien 1
Geschützte Markierung Gefühle der Atem die Energie ein...
wfschmid - 13. Mai, 09:23
Sehr schön
Lieber Wolfgang, meine Emails kommen offenbar nicht...
snafu - 6. Mai, 10:55
. . .
So offenbart sich im Stillleben Vincent van Goghs „Ein...
wfschmid - 30. April, 10:52

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Status

Online seit 7505 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 24. Juli, 02:02

Suche (AND, OR erlaubt) - Nächste (leere) Zeile anklicken!

 

Credits

 

 

Es gelten die Rechtsvorschriften für Webseiten der Universität Flensburg © Texte: Wolfgang F. Schmid (sofern nicht anders ausgewiesen) wfschmid(at)me.com Bilder: Ulrike Schmid (sofern nicht anders ausgewiesen) mail(at)ulrike-schmid.de

 wfs


development