Schöner Schein des Seins
Tagträumende Fantasie
fiktive Utopie
wfschmid - 20. Februar, 03:59
Seele: „Solange wir Wissen und Glauben als Gegensätze betrachten, werden wir uns wahrscheinlich immer uneins sein. Deshalb fordere ich sowohl gefühltes Wissen als auch wissenden Glauben!“
Verstand: „Ich verstehe Dein nach Harmonie strebendes Anliegen! Aber dann erkläre mir auch einmal, was ich unter emotionaler Philosophie oder Mathematik verstehen soll. Ich könnte diese Fragestellung auch weiter fassen und nach den Bedingungen und Möglichkeiten emotionalen, wissenschaftlichen Denkens schlechthin fragen!“
Seele: „Wenn wir wissenschaftlich Denken wollen, müssen wir einen Begriff der Wahrheit haben, denn wissenschaftliche Theorien sollen ja wahr sein!“
Verstand: „Ich durchschaue Dich! Du beabsichtigst, dass ich Dir in Bezug auf die Wahrheit zustimme, um mir dann Glauben unterstellen zu können!“
„Seele: „Gebe durchaus zu, dass ich das beabsichtige, denn jeder wissenschaftlich Denkende und Handelnde muss doch wollen, dass seine richtigen Ergebnisse auch wahr sind! Wenn z. B. ein Arzt einem schwer kranken Menschen seine sehr geringe Lebenserwartung prognostiziert, dann kann das zwar richtig, muss aber nicht wahr sein! Es gibt hinreichend viele Beispiele, die beweisen, dass die durchaus richtige Prognose nicht wahr war!“
Verstand: „Sehr schlau eingefädelt! Aber nicht gut genug, um mich zum Einlenken zu bewegen. Ärztliche Prognosen werden immer mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit versehen! Deshalb sind sie immer nur mehr oder weniger wahrscheinlich, aber niemals richtig!“
Seele: „Dann räume mir bitte etwas mehr Zeit ein, um Dir darlegen zu können, wie ich das Problem sehe!“
Da auch dem Verstand an einer Einigung sehr gelegen ist, willigt er selbstverständlich spontan ein.
Seele: „Für erkenntnistheoretische Diskussionen der Aufklärung legt René Descartes im Jahr 1641 mit seinen Meditationen einen Grundstein. Er stellt folgende Frage: Was kann ich sicher wissen? Ob es kalt ist, ob hell oder dunkel, wie sich etwas anfühlt, ob etwas außer uns existiert: Alle diese angenommenen Wahrheiten lassen sich der logischen Möglichkeit nach infrage stellen. Denn es könnte sich bei ihnen genauso gut um Sinnestäuschungen handeln.
Bleibt also nichts, was wir als Wahrheit annehmen können? Doch, sagt Descartes: Wir mögen zwar möglicherweise diversen Sinnestäuschungen ausgesetzt sein, sind aber auch in der Lage, über diese Sinnestäuschungen nachzudenken. Dass wir denken, setzt aber die Existenz unseres Ichs voraus. Anders formuliert: Sobald wir denken, können wir uns zumindest einer Sache sicher sein: unserer eigenen Existenz. Kurzum: ‚Ich denke, also bin ich!’
Diese Feststellung ist sein philosophischer Ausgangspunkt, von dem aus er seine Erkenntnisse die Wirklichkeit betreffend entfaltet. Descartes denkt nämlich sehr wohl, dass man feststellen kann, ob man träumt oder wach ist. Oder anders: Wenn wir an allem zweifeln, können wir immer noch nicht daran zweifeln, dass wir zweifeln - sonst würden wir nicht zweifeln... Das zweifelnde ‚Ich’ kann also scheinbar nicht an sich selbst zweifeln - beim ‚Ich-Bewusstsein’ schlägt aller Zweifel um.
Letztlich entdeckt er in der Welt zwei unterschiedliche ‚Substanzen’ - einerseits den Geist und andererseits die Materie. ‚Substanz’ könnte man als ‚Selbständiges’ oder ‚Wesentliches’ beschreiben, das in der Welt ist. das lateinische Wort ‚substantia’ bedeutet ‚das, woraus etwas besteht’. Alles in der Welt ist laut Descartes entweder der unausgedehnte und unsichtbare Geist (das ‚Subjektive’) oder die ausgedehnte und sichtbare Materie (‚das Objektive’).
Ich bin der Ansicht, dass wir uns der Duplizität bzw. Dualität von Subjektivität und Objektivität stellen und die Duplizität von Glauben und Wissen akzeptieren müssen.
Es bleibt immer das Subjekt, dass Objekte wissen-schaftlich betrachtet. Folglich ist es selbstverständlich, dass wissenschaftlich arbeitende Subjekte glauben, dass ihre Resultate wahrscheinlich richtig sind.“
Verstand: „Mhm, daran habe ich doch nie gezweifelt! Aber, wenn ich es jetzt recht bedenke, bist Du der Ansicht, dass jedes Wissen mit Glauben verbunden bleibt!“
Seele: „Jedes Wissen wird aus dem Glauben an eine Idee geboren, und es bleibt insofern in diesem Glauben verhaftet.“
Verstand: „Man muss zwischen philosophisch wissenschaftlicher, künstlerisch schöpferischer, religiöser und persönlicher Überzeugung unterscheiden. Eine wissenschaftliche Aussage ist unabhängig von einem Subjekt richtig. Durch die wissenschaftliche Objektivierung vermag sich eine Aussage vom formulierenden Subjekt zu lösen und ist dann von diesem unabhängig zutreffend oder nicht. Auf alle anderen Arten von Aussagen trifft das nicht zu. Natürlich wird ein Wissenschaftler in aller Regel auch immer an das glauben, was er sagt und für richtig hält.
Du siehst hoffentlich ein, liebe Seele, dass Wissenschaft und Glauben nicht auf bzw. unter einen gemeinsamen Nenner zu bringen sind!“
Seele: „Der Philososoph Descartes betrachtet den Zweifel als letzte Instanz der Gewissheit. Das ist doch ein Gefühl oder nicht?“
Verstand: „natürlich begleitet methodischer Zweifel jede wissenschaftliche Arbeit. Zweifel ist notwendig, um sensibel für Fehlermöglichkeiten zu bleiben. Es wäre ja völliger Unsinn, anzunehmen, dass wissenschaftliches Arbeiten ohne Feingefühl auskommt!“
wfschmid - 20. Februar, 03:40